Ein Mitarbeiter kann im Rahmen des Weisungsrechts des Arbeitgebers dauerhaft ins Ausland versetzt werden – dies jedenfalls dann, wenn im Arbeitsvertrag nichts anderes festgelegt wurde und das billige Ermessen dem nicht entgegensteht.
Das arbeitsvertragliche Direktionsrecht[1] ist nicht auf das Grundgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt.
Dies bestätigte das Bundesarbeitsgerichts (BAG) in seinem Urteil vom 30.11.2022. [2]
Sachverhalt
In dem dem Urteil zugrundeliegenden Fall ging es um einen Piloten, der bei einem international tätigen Luftverkehrsunternehmen mit Sitz im europäischen Ausland als Pilot beschäftigt war. Sein Stationierungsort war der Flughafen Nürnberg. Arbeitsvertraglich war vorgesehen, dass der Pilot auch an jedem anderen Stationierungsort des Luftverkehrsunternehmens eingesetzt werden kann und sich seine Vergütung im Falle einer Versetzung nach dem am neuen Standort geltenden System richtet.
Nachdem das Luftverkehrsunternehmen den Standort in Nürnberg aufgab, versetzte es den Piloten an den Flughafen in Bologna, Italien.[3] Der Pilot war damit nicht einverstanden und vertrat anschließend als Kläger die Ansicht, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht die Versetzung ins Ausland erfasse. Zudem sei die Versetzung unbillig, da er infolge der Versetzung den Anspruch auf (tarifliche) Vergütungen verloren habe.
Urteil des BAG
Nachdem zunächst das Arbeitsgericht sowie das Landesarbeitsgericht die Klage des Piloten abgewiesen haben, bestätigte auch das BAG die Wirksamkeit der Versetzung.
Folgende Punkte waren laut BAG im Wesentlichen entscheidend:
- Im Arbeitsvertrag wurde ein bestimmter inländischer Arbeitsort nicht fest vereinbart, vielmehr war ausdrücklich eine unternehmensweite Versetzungsmöglichkeit vorgesehen. Unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO fällt auch die Versetzung an einen ausländischen Arbeitsort. Eine Begrenzung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte in der Bundesrepublik Deutschland gibt das Gesetz nicht her.
- Die Versetzung habe billigem Ermessen entsprochen und der Ausübungskontrolle standgehalten. Aufgrund der Aufgabe des Stationierungsortes am Flughafen Nürnberg war es nicht mehr möglich, den Piloten dort weiterhin zu beschäftigen. Andere Stellenvakanzen im Inland gab es nicht.
- Die Bestimmungen des Arbeitsvertrages blieben unberührt und änderten sich infolge der Versetzung nicht, also auch der Anspruch auf das arbeitsvertragliche Entgelt. Dass der Kläger teilweise den Anspruch auf das höhere tarifliche Entgelt verliert, liegt an dem von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Geltungsbereich des Vergütungstarifvertrags, der auf die in Deutschland stationierten Piloten beschränkt ist.
International tätigen Unternehmen kommt dieses Urteil entgegen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers kann sich ins Ausland erstrecken. Der Arbeitsort kann mithilfe einer entsprechenden Versetzungsklausel flexibel gestaltet werden. Gleichwohl ist das billige Ermessen sowie die Ausübungskontrolle im Auge zu halten.
Stand: 11.10.2023
[1] § 106 GewO: Weisungsrecht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
[2] Az. 5 AZR 336/21
[3] Vorsorglich sprach der Arbeitgeber zudem eine entsprechende Änderungskündigung aus, die der Kläger unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung annahm.